Transformation einer Lagerstadt
ZHAW Studiengang Architektur
Bachelorarbeit 2015

Am Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen der ZHAW kommt der Bearbeitung architektonischer Projekte auf allen Unterrichtsstufen eine wichtige Bedeutung zu. Diese Projektentwicklung ist Teil eines übergeordneten didaktischen Konzepts, welches sich ausgehend von einem städtischen Kontext insbesondere durch die Wechselwirkung des architektonischen Ausdrucks der örtlichen Baukultur und deren Konstruktion definiert. 
Im Abschlusssemester des Bachelorstudienganges wurden auf der Bühne des «Porto Vecchio» vor der Kulisse der Hafenstadt Triest auf drei unterschiedlichen Perimetern städtische Nutzungen in die bestehende Bebauungsstruktur der Hafenstadt eingeschrieben. Dabei kam der prägenden Baukultur der Stadt Triest mit ihrer bewegten Geschichte die Rolle des Katalysators im Hinblick auf die übergeordnete Fragestellung zum Gestus, zum Wesen der Konstruktion und zu ihrer Baustruktur zu. Die Projekte überzeugen durch die hohe Bearbeitungstiefe in differierenden Massstäben und vermögen auf wesentliche Fragen dieser komplexen Aufgabenstellung exemplarische Lösungsansätze zu geben. Neben dem unermüdlichen Einsatz der Studierenden gebührt auch den Dozierenden ein grosser Dank für ihr weitreichendes Engagement.
In diesem Sinne freut es uns, unsere Projekte zusammen mit der Technischen Universität Wien und der Accademia di Architettura Mendrisio in Triest auszustellen und einen kleinen Beitrag zum öffentlichen Diskurs der weiteren städtebaulichen Entwicklung der Stadt Triest zu leisten.


Beat Waeber, Studienleiter Architektur

Adrian Froelich Lernen von den Magazzini

Im Triester Hafen Vittorio Emanuele III. fanden wir ein einheitliches Hafenquartier mit stattlichen Gebäudezeilen, die gemeinsam präzis gefasste Stadträume bildeten. Die Lagerhäuser, sogenannte Magazzini, stammen mehrheitlich aus der Wende zum 20. Jahrhundert und waren, obwohl der Zahn der Zeit deutliche Spuren hinterlassen hatte, in ihrer Bausubstanz noch mehr oder weniger intakt und vor allem unverfälscht erhalten. Damals dienten die Lagerhäuser nebst der Lagerung von Gütern auch Veredlungs- und Bearbeitungstätigkeiten und zeichneten sich durch hohe Funktionalität und Flexibilität sowie durch eine äusserst effiziente Bauweise aus. Gleichzeitig verkörperten die Magazzini mit ihren massiven und zum Teil üppig dekorierten Fassaden den damaligen Wohlstand und die Macht der k. und k. Monarchie Österreich-Ungarn. Die Semesteraufgabe bestand nun darin, diesen einzigartigen architektonischen Fundus genau zu analysieren und die wesensbestimmenden Eigenschaften der Magazzini herauszuschälen, um daraus zeitgemässe Bauwerke für unterschiedliche Nutzungen zu entwickeln. Dabei wurde deutlich, was wir von der Machart der Magazzini für die heutige Architektur lernen können: Die in den Magazzini angewendeten Mischkonstruktionen zeichnen sich durch den vorbehaltlosen Einsatz unterschiedlicher Materialien je nach Anforderung aus. Zur Optimierung von Baukosten und Bauzeit wurden standardisierte Elemente in rigiden Systemen verbaut (Stützen und Träger in Gusseisen oder Walzstahl), aber es wurde – wo sinnvoll – auch auf Ortsbauweise zurückgegriffen (massives Mauerwerk und gemauerte Bögen) oder es wurden neue Materialien (gewölbte Betondecken) angewendet. Erwähnenswert ist das Fügen der unterschiedlichen Bauteile über alle Massstabsebenen hinweg zu einer konstruktiven und architektonischen Ganzheit. Mit anderen Worten repräsentieren die Magazzini eine effiziente, zeitlose und somit auch nachhaltige Architektur. Deren Aktualität zeigte sich sehr deutlich in den meisten Studentenprojekten, welche die determinierenden architektonischen und konstruktiven Aspekte der Magazzini zwar übernommen, aber in eine zeitgemässe Architektur übersetzt haben. Erfreulich ist zudem, dass durch die Analyse und das Weiterdenken dieser raffinierten Bausubstanz durch die Studierenden spezifische und neuartige Lösungen entwickelt wurden, welche ohne die wertvollen Erfahrungen aus den Magazzini sicherlich so nicht zustande gekommen wären.

Impressum:

Herausgeber/Editore: ZHAW Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen

Ausstellung und Publikation/Esposizione e pubblicazione: Adrian Froelich, Pablo Horvath, Roger Moos, Detlef Schulz, Toni Wirth

Bilder/Imagini: Pit Brunner
Übersetzung/Traduzioni: Simone Rampa, Caterina Steiner
Lektorat/Lettorato: Co-Text Gestaltung/Design: WBG AG
Druck/Impressione: Sihldruck AG
Auflage/Tiratura: 1000

Winterthur, Mai/Maggio 2017