Adrian Froelich Lernen von den Magazzini
Im Triester Hafen Vittorio Emanuele III. fanden wir ein einheitliches Hafenquartier mit stattlichen Gebäudezeilen, die gemeinsam präzis gefasste Stadträume bildeten. Die Lagerhäuser, sogenannte Magazzini, stammen mehrheitlich aus der Wende zum 20. Jahrhundert und waren, obwohl der Zahn der Zeit deutliche Spuren hinterlassen hatte, in ihrer Bausubstanz noch mehr oder weniger intakt und vor allem unverfälscht erhalten. Damals dienten die Lagerhäuser nebst der Lagerung von Gütern auch Veredlungs- und Bearbeitungstätigkeiten und zeichneten sich durch hohe Funktionalität und Flexibilität sowie durch eine äusserst effiziente Bauweise aus. Gleichzeitig verkörperten die Magazzini mit ihren massiven und zum Teil üppig dekorierten Fassaden den damaligen Wohlstand und die Macht der k. und k. Monarchie Österreich-Ungarn. Die Semesteraufgabe bestand nun darin, diesen einzigartigen architektonischen Fundus genau zu analysieren und die wesensbestimmenden Eigenschaften der Magazzini herauszuschälen, um daraus zeitgemässe Bauwerke für unterschiedliche Nutzungen zu entwickeln. Dabei wurde deutlich, was wir von der Machart der Magazzini für die heutige Architektur lernen können: Die in den Magazzini angewendeten Mischkonstruktionen zeichnen sich durch den vorbehaltlosen Einsatz unterschiedlicher Materialien je nach Anforderung aus. Zur Optimierung von Baukosten und Bauzeit wurden standardisierte Elemente in rigiden Systemen verbaut (Stützen und Träger in Gusseisen oder Walzstahl), aber es wurde – wo sinnvoll – auch auf Ortsbauweise zurückgegriffen (massives Mauerwerk und gemauerte Bögen) oder es wurden neue Materialien (gewölbte Betondecken) angewendet. Erwähnenswert ist das Fügen der unterschiedlichen Bauteile über alle Massstabsebenen hinweg zu einer konstruktiven und architektonischen Ganzheit. Mit anderen Worten repräsentieren die Magazzini eine effiziente, zeitlose und somit auch nachhaltige Architektur. Deren Aktualität zeigte sich sehr deutlich in den meisten Studentenprojekten, welche die determinierenden architektonischen und konstruktiven Aspekte der Magazzini zwar übernommen, aber in eine zeitgemässe Architektur übersetzt haben. Erfreulich ist zudem, dass durch die Analyse und das Weiterdenken dieser raffinierten Bausubstanz durch die Studierenden spezifische und neuartige Lösungen entwickelt wurden, welche ohne die wertvollen Erfahrungen aus den Magazzini sicherlich so nicht zustande gekommen wären.